Das Motiv für diesen Blog
Als Beobachter der Szene, der Großevents auch für den ORF kommentieren darf und seit Jahren als Coach im Hochleistungsbereich arbeitet, aber auch schlicht als Triathlonfan interessieren mich die Rennen der höchsten Kategorie in allen Distanzen unseres Sports natürlich sehr. In letzter Zeit erlebe ich, dass es immer weniger objektive Berichterstattung und immer mehr persönlich gefärbte Eindrücke und „Analysen“ gibt, die es dem/r neutralen Zuseher*in immer schwierig machen, sich eine objektive Meinung zu bilden.
Aus diesem Grund werde ich bis zu den Olympischen Spielen in Paris versuchen von den höchstklassigen Rennen unseres Sports zu berichten. Analysen oder meine persönliche Meinung zu Entwicklungen werde ich dabei außen vorlassen. Es gilt nur über das Geschehen zu berichten, um eine objektive Basis zur Meinungsmachung zu schaffen.
Bericht über das olympische Testevent in Paris
Am 17. und 18. August 2023 versammelte sich die Elite der Triathlonwelt in Paris, um an dem traditionellen Testevent ein Jahr vor den Spielen teilzunehmen. Das Rennen kann als qualitativ hochwertige Generalprobe für die Olympischen Spiele gesehen werden, da einige Nationen sogar ihre Qualifikationskriterien direkt darauf abgestimmt hatten.
Die Strecke
Die Triathlonstrecke führt die Athlet*innen an einige der bekanntesten Sehenswürdigkeiten von Paris vorbei. Der Schwimmstart erfolgt von einem Pontoon direkt in der Seine unterhalb der Pont Alexandre III. Zwei Runden – die erste 910m, die zweite 590m lang – inklusive Landgang sind jeweils zuerst mit der Strömung zu schwimmen. Diese erzeugt eine eigene Dynamik und ein angepasstes Verhalten beim Schwimmen, da zuerst die Flussmitte gesucht wird und beim Zurückschwimmen möglichst ufernah geschwommen werden sollte.
Die Radstrecke erstreckt sich über 7 Runden. Dabei geht es erst am Präsidentenpalast vorbei Richtung Champs-Elysees. Eine 90 Grad Kurve bringt die Sportler*innen dann auf das vom Finale der Tour de France, das 2024 aufgrund der Spiele in Nizza ausgetragen wird, berüchtigte Kopfsteinpflaster der Pariser Prachtstraße in Richtung Triumphbogen. Nah an einigen touristischen Highlights wie dem Louvre, dem Invalidendom oder dem Musee d´Orsay verläuft die Runde weiter, bevor die Athlet*innen nach 40 km in der Wechselzone direkt auf der Pont Alexandre III wieder vom Rad steigen. Dort befindet sich auch das Ziel, welches zehn Laufkilometer später erreicht wird.
Im Unterschied zu den Spielen von Rio oder Athen gibt es ähnlich wie in London oder Tokio wieder relativ wenig Höhenmeter am Rad zu überwinden. Die Straßen sind meist sehr breit, so dass die Herausforderungen wohl das hohe Tempo und vor allem das Kopfsteinpflaster darstellen. 26% der Radstrecke bestehen aus diesem Straßenbelag.
Das Damenrennen
Der Startschuss für das Profirennen der Damen erfolgte pünktlich um 8 Uhr morgens. Im Unterschied zum Olympischen Rennen (55) durften 64 Athlet*innen – gereiht nach ihrer Weltranglistenplatzierung – an den Start gehen. Am besten kam die Italienienerin Bianca Seregni mit den Bedingungen in der Seine zurecht. Sie lief als Erste Richtung Wechselzone, konnte danach aber das hohe Tempo der Radgruppe nicht mitgehen.
Die meisten der Favoritinnen waren unter den ersten 25, die in der zweiten Radrunde aus drei kleinen Gruppen eine große Spitzengruppe formierten. Obwohl nach dem Zusammenschluss das Tempo der ersten Damen sichtbar niedriger wurde, konnte die ebenso große Verfolgergruppe dies nicht nutzen und verlor Runde für Runde Zeit. Neben Emma Jackson und Maya Kingma war vor allem die Französin Leonie Periault das prominenteste Opfer dieser Entwicklung. Ihre direkte Olympiaqualifikation war für sie schon früh in weite Ferne gerückt.
Nach dem zweiten Wechsel drückte Cassandre Beaugrand (FRA) dem Rennen mit einem starken Antritt ihren Stempel auf. Die Britin Beth Potter ließ sich davon aber nicht beeindrucken, konterte und entschied das Rennen mit dem deutlich besseren Zielsprint für sich. Da ein Podiumplatz für die Franzosen Olympianorm darstellte, qualifizierte sich Beaugrand damit direkt für die Spiele in Paris, während die Siegerin Potter noch auf ein Podium beim WM Finale in Pontevedra hoffen muss. Bei den Briten konnten sich nur ehemalige Olympiamedaillengewinner*innen direkt durch Platz eins bis drei qualifizieren.
Die Bronzemedaille wurde ebenfalls im Zielsprint erobert. Laura Lindemann war hier nicht zu schlagen, womit auch sie die direkte Qualifikation – genauso wie die sechstplatzierte Nina Eim – für die deutsche Olympiamannschaft schaffte. Lisa Tertsch jedoch, die lange im Spitzenquintett vertreten war, wurde am Ende Neunte und muss auf weitere Chancen hoffen. Nach Emma Lombardi (FRA) kam Taylor Knibb als fünfte ins Ziel und sprang damit als erste US – Amerikanerin auf den Zug nach Paris 2024 auf.
Das Herrenrennen
Bei den Herren führte in der ersten Runde der Ungar Mark Delay die Spitzengruppe im Wasser an. In der zweiten Runde übernahm Vincent Luis die Führungsarbeit und kam auch als Erster in die erste Wechselzone. Aus einer 5 – Mann – Spitzengruppe bildete sich schnell ein 25 – Mann – starkes Feld. Von den Mitfavoriten auf eine Medaille 2024 sind vor allem Kristian Blummenfelt und Hayden Wilde zu nennen, die 30 Sekunden dahinter in der Verfolgergruppe zu finden waren, das Tempo dieser aber so hochhielten, dass nach drei Runden schließlich das Feld mit 55 Triathleten beinahe geschlossen war. Es kam zu einer reinen Laufentscheidung.
Nach einem schnellen Wechsel verschärfte zuerst der Deutsche Jonas Schomburg (am Ende 21.) und danach Morgan Pearson (USA) das Tempo. Der große Mitfavorit und Führende der Weltrangliste Hayden Wilde musste nach ein paar Schritten verletzt aufgeben. Damit war der Weg frei für den aktuell dominierenden Läufer der Szene. Alex Yee nahm sich nach 2 km ein Herz und riss eine Lücke zu seinen Verfolgern auf, die bis zum Ende nicht geschlossen werden konnte. Mit einer Laufzeit von exakt 29:00 Minuten gewann er nicht nur das Olympische Testevent, sondern konnte sich auch direkt – trotz der enorm schwierigen Kriterien des britischen Teams – für die Spiele 2024 qualifizieren.
Dahinter entstand ein harter Kampf um die Plätze. Der Olympiasieger 2021 Blummenfelt war der Erste der aus der Verfolgergruppe rausfiel. Er hatte angekündigt, dass die nur zwei Tage später stattfindenden PTO Asian Open wichtiger für ihn seien. Sieben weitere Athleten kämpften um ihre Chance einen direkten Spot für Paris 2024 zu ergattern. Im Zielsprint sicherte sich Vasco Vilaca (POR) vor Dorian Conninx (FRA) den zweiten Platz. Der Franzose kann sich durch diesen Podiumplatz schon beruhigt auf die Spiele im eigenen Land vorbereiten. Gleiches gilt für Morgan Pearson (USA) und Tim Hellwig (DEU), die mit den Plätzen sechs und sieben die jeweiligen Qualifikationsnormen ihrer Nationen erreichten, während sich Le Corre auf Platz 4 und Bergere auf Platz 5 erst durch einen Podiumsplatz beim WM Finale in Pontevedra ihren fixen Startplatz für Frankreich sichern können.
Das Rennen der Österreicher*innen
Julia Hauser und Tanja Stroschneider sicherten sich dank ihrer Weltranglistenplatzierungen einen Startplatz beim Testevent der Damen, während Alois Knabl bei den Herren antrat.
Weder Julia Hauser noch Tanja Stroschneider konnten sich während des Rennens im vorderen Feld behaupten. Hauser stieg als 42. (1:22 min Rückstand), Stroschneider als 63. (2:12 min Rückstand) aus dem Wasser. Die Wienerin Hauser fuhr zuerst in der vierten Verfolgergruppe, aus der nach dem Zusammenschluss vorne dann das große Chasepack wurde, das am Ende 2:30 Minuten Rückstand aufwies. Stroschneider war eine Gruppe dahinter am Ende mit über 4 Minuten Rückstand zu finden. Laufzeiten von 34:55 Minuten (Hauser – 26. Splitzeit / 1:57 min Rückstand zur besten Laufzeit) bzw. 36:50 Minuten (Stroschneider – 52. Splitzeit / 3:52 min Rückstand zur besten Laufzeit) brachten am Ende Julia Hauser mit 4:53 min Rückstand Platz 27 und Tanja Stroschneider Platz 56 (9:12 min Rückstand) ein. Acht Athletinnen blieben beim Laufen unter 34 Minuten.
Knabl kam wie sehr oft in der Spitzengruppe aus dem Wasser. Während der zweiten Disziplin hielt er sich beinahe immer im hinteren Drittel der immer größer werdenden Radgruppe auf. Mit einer Laufzeit von 31:50 Minuten blieb am Ende für ihn Platz 38. Nicht weniger als 25 Athleten blieben beim Laufen unter 31 Minuten, neun gar unter 30.